Nie war die Chance auf eine nachhaltige Zukunft größer als jetzt, sagt Markus Benz. Der Vorstandsvorsitzende von Walter Knoll erzählt, was Entschleunigung mit Leistungsbereitschaft, Archaik und Moderne verbindet. Und von dem ganz besonderen Sinn für eine Ästhetik die bleibt.
Ein Interview mit Markus Benz von Walter Knoll
Persönlich fühle ich mich entschleunigt. Ich gewinne dadurch einen klaren Blick auf die anstehenden Entscheidungen. Natürlich ist gerade noch vieles ungewiss, dass wir alle jedoch auf einen Paradigmenwechsel zusteuern, ist glasklar. Daher fühle ich mich in dem Kurs, den wir für Walter Knoll gesetzt haben, sogar bestärkt. Unsere Ausrichtung ist seit vielen Jahren an Werten orientiert. Es ist überall zu spüren, dass Menschen Orientierung suchen – und dafür haben wir klare Antworten.
Der Weg von Walter Knoll war nie an der Maximierung von Gewinn und Wachstum orientiert, sondern an Werten: Dinge zu schaffen, die Bestand haben und berühren und einem Lebensgefühl von Natürlichkeit und Wertschätzung entsprechen. Und es geht um die Unterstützung von Menschen, um die Förderung ihrer Fertigkeiten und ihres Strebens nach Exzellenz. Wir lernen gerade, dass vieles, von dem wir glaubten, es beherrschen zu können, nicht beeinflussbar ist. Und wir lernen, dass wir andere Dinge, die wir vorher vernachlässigt haben, sehr wohl beeinflussen können. Gleichzeitig besinnen wir uns zurück und entdecken die Schönheit von Langsamkeit und Nähe. Wir betrachten unsere unmittelbare Umgebung, unser Zuhause, unseren Arbeitsplatz. Und wir sehen die Menschen in unserer Nähe, bewerten unsere Beziehungen neu.
Alles läuft auf Nachhaltigkeit zu. Gesellschaftlich wie unternehmerisch stellen wir uns alle doch gerade die Sinnfrage. Was ist wichtig? Was nehmen wir mit in die Zukunft? Wie gestalten wir unsere gemeinsame Zukunft? Und zwar so, dass wir unsere Umgebung wertschätzen und dabei so wenig Ressourcen wie möglich verbrauchen.
Natürlich, wir gestalten diesen Wandel, und zwar ganz vorne. Wir arbeiten seit 2016 als Unternehmen klimaneutral. Ein weiterer entscheidender Nachhaltigkeitsaspekt ist unser Gestaltungsansatz: Ästhetik von zeitloser Gültigkeit. Das geht nur, weil wir nicht erst seit gestern darüber nachdenken. Walter Knoll ist die Möbelmarke der Moderne, Minimalismus und der schonende Umgang mit Ressourcen liegen in unserer DNA.
Im heutigen Sinne: ja. Die Moderne war unter anderem ein sozialer Ansatz, daraus resultierten dann die neuen Gestaltungsideen – verbunden mit dem erklärten Willen, Rohstoffe effizient und ohne Verschwendung einzusetzen. Das großartige an der Moderne ist, dass ihre Kritik an der Übersättigung ihrer Zeit so tiefgreifend war, dass sie dabei Werte freigelegt hat, die viel älter sind als die Moderne selbst.
Das Archaische ist der Quell der Moderne. Darum ist die Formensprache der Moderne so universell und international. Jeder Mensch hat ein Gespür für ihre zeitlose Gültigkeit. Das ist kein Zufall. Denn wir alle haben die gleichen Vorfahren. Es gibt nur einen Ursprung, eine Menschheit, eine Archaik. Von diesen Gedanken lassen wir uns bei Walter Knoll schon lange leiten; diese Klarheit und Kraft spüren Sie auch bei den Möbeln von Walter Knoll.
Nochmal: Es geht um Werte. Klammern wir einmal den wirtschaftlichen und auch den humanen Aspekt der Krise aus. Dann bleibt die Frage nach dem Sinn. Wir erleben eine Renaissance der Menschlichkeit, entdecken eine Welt jenseits des schnellen Konsums. Ich glaube, die Menschheit entwickelt gerade einen neuen, positiven Sinn, das Lebensgefühl für eine Richtung, in die wir uns ohnehin alle bewegen müssen.
Wir gestalten Lebensräume. Das ist unser Sinn. Alles, was wir unternehmen, muss sich auch morgen als wertvoll erweisen. Es geht um das Verständliche, Natürliche aber auch Sinnliche und in höchster Qualität. Wir sind bei uns!
Das eine bedingt das andere. Zeitlos kann nur sein, was gültig bleibt. Je gültiger umso zeitloser, desto nachhaltiger!
Sie sind ein Beleg für unsere Konsequenz. Jemand hat mal gesagt: „Sünden darf man begehen, aber nicht bauen." Wir haben bei unseren Gebäuden höchste Standards gesetzt, beim Bau der Zentrale in Herrenberg ebenso wie bei den Produktionshallen in Mötzingen. Wir haben als einer der ersten regenerative Energien eingesetzt, um ein hochmodernes Heizungssystem zu schaffen, das gekoppelt ist mit einer energieeffizienten Kühlung. Dabei ergibt sich ein toller Effekt: Ein gutes, physisches Raumklima wirkt sich positiv auf das zwischenmenschliche Klima aus. Einerseits haben wie also mehr investiert als nötig. Andererseits haben wir dafür mehr zurückbekommen als erwartet. In der gläsernen Manufaktur können unsere Handwerker ihre Kunst den Menschen zeigen und erfahren Wertschätzung. Unsere Markenwelt wirkt nach außen und nach innen.
Ich habe Glück gehabt. Einen großen Anteil haben daran meine Eltern. So wurden meine Geschwister und ich erzogen. Und auf meinem Lebensweg habe ich zu diesem Weg viel Bestätigung erfahren. Sie gilt für Menschen, für Produkte wie Gebäude: Was ich baue, soll über meine Zeit hinausreichen.
In unserer Familie weht der Geist der Moderne. Gleichzeitig spiegeln die Gebäude unser schwäbisches Gen: Alles ist sinnvoll, nutzungsorientiert, von hoher Qualität.
Der Verwaltungsaufwand. Wir hatten ja längst viele Anforderungen erfüllt. Aber es war eine Heidenarbeit die Unterlagen und Nachweise so zusammenstellen, dass sie den unterschiedlichen Vorschriften der Gesetz- und Zertifikatsgeber entsprechen. Das sind unangenehme Hürden auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Aber nun erfüllen wir höchste internationale Standards – und haben dabei so viel Know-how gesammelt, dass wir anfangen, bei unseren Zulieferern nachzuhaken.
Das Reale, das Natürliche, das Sinnliche, ist der Gegentrend zu Digitalisierung. Hier konzentriert sich unsere Sehnsucht und unser Sein. Zur Jahrtausendwende fragte ich mich, wie geht es weiter? Da wurde die Farbe für das neue Millennium verkündet: Blau! Das erschien mir nur logisch. Es wird um die Sauberkeit von Wasser und Luft und am Ende wird es um die Erde gehen – den blauen Planeten.
Wir interpretieren Lebensgefühle. Mit dem Nachdenken über Blau kam die Idee einer neuen Natürlichkeit. Und das war die Vorgabe für neue Produkte. So entstand unser erfolgreichstes Leder, Elen. Ein offenporiges Leder mit einer Wachsschicht, weich, geschmeidig, mit einem seidig glänzenden Veredlungsfinish. Eine solche Natürlichkeit herzustellen und gleichzeitig die Gebrauchstauglichkeit zu gewährleisten – ist eine hohe Kunst. Das gilt heute übrigens für alle unsere weiteren Naturmaterialien: Holz, Metall, Stein, Textilien.
Das Ziel sind nicht Klassiker, sondern Produkte von zeitloser Ästhetik. Wenn sie zu Klassikern werden, freuen wir uns. Für uns sind das aber keine Einschränkungen. Das Gegenteil wäre Beliebigkeit – Merkmal eines nicht zu Ende gedachten Prozesses.
Genau, und die kann Jahre dauern. Sie erfordert viel Anstrengung, Handwerkskunst, Kritikfähigkeit und hohe geistige Leistungsbereitschaft. Und öfters Nein als Ja zu sagen.
Das ist Erfahrung. Beim Sheru Chair war alles entworfen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, die Proportionen sind noch nicht ganz perfekt. Über all die Zeit habe ich ihn immer wieder betrachtet. Aber dann war ich mir sicher: er war um anderthalb Zentimeter zu breit. Heute hat der Stuhl diese Vollkommenheit, die ich bei allen unseren Möbeln suche.
Nein. Ich bin Teil des Prozesses. Ich empfinde mich eher als der Dirigent. Meine Aufgabe ist es, die Kreativen zu motivieren: Ideen initiieren und Kräfte bündeln, damit etwas entsteht, das neu ist, spannend und besser ist als das, was vorher war.
Familienunternehmen sind per se nachhaltiger, weil sie generationsübergreifend denken. Da sind wir bei der Idee vieler Naturvölker. Dort gilt die Regel: „Dir wurde etwas gegeben – und du sollst etwas weitergeben."
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