Mehr als 25 Jahre sind eine lange Beziehung. Was betrachtet das renommierte Designtrio EOOS als Schlüssel zur erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Möbelhersteller Walter Knoll? Wir haben Martin Bergmann zu den Gestaltungsprozessen in dieser Verbindung befragt.
Wir (Anm. d. Red.: Maren Boettcher und Regine Geibel) setzen als Planerinnen die Produkte von EOOS für Walter Knoll gern in unseren Projekten ein ...
Martin Bergmann (EOOS): Durch den intensiven gemeinsamen Austausch zwischen EOOS, Markus Benz (CEO Walter Knoll) und dem gesamten Entwicklungsteam spricht man über Ideen, Visionen, Märkte, Produktentwicklungen, Probleme, Erfolge, Materialen, Technologien, Entwürfe, handwerkliche Details. Durch diese sehr kontinuierlichen, meist monatlichen Treffen in der Fabrik in Herrenberg entstehen im gemeinsamen Prozess außergewöhnliche Produkte.
Das ist leider der tagtägliche Zustand. Ideen fallen nicht vom Himmel und müssen erarbeitet werden. Wichtig ist, dass man dem Endprodukt die Qualen, das Blut und den Schweiß nicht ansieht.
Uns verbindet Freundschaft, Auseinandersetzung, Ehrlichkeit, Direktheit. Aber vor allem die große Evolution einer 25-jährigen gemeinsam Arbeit.
Wenn ein bestimmter Punkt im Prozess überschritten wird, gibt einem das Objekt unmissverständlich zu verstehen, dass man es in Ruhe zu lassen hat. Das ist der Moment der Fertigstellung. Arbeitet man trotz der Warnungen darüber hinaus, beginnt das Objekt regelrecht zu rebellieren.
Wir wissen nur eines: wenn man versucht, einen Klassiker zu entwerfen, dann wird er sicher keiner. Dazu kommt, dass die meisten Firmen von ihrer DNA her gar nie die Möglichkeit haben werden, einen Klassiker zu generieren. Walter Knoll ist eine der wenigen Firmen weltweit, die die Möglichkeit und das Potenzial dazu haben.
Alle Produkte bei Walter Knoll müssen langwierige und harte Tests bestehen, um in den Verkauf zu gelangen. Da man als Designer den Kunden nicht kennt, kann intensivste Benutzung nicht ausgeschlossen werden und somit müssen alle Produkte so produziert und konstruiert werden, dass diese jeglichen Einsatz aushalten und bestreiten können.
Uns fasziniert die Amerikanische Moderne, insbesondere die Künstler und die Architekten und Handwerker dieser Zeit.
Materialreduktion, Materialvermeidung, Materialwahl, das Vermeiden von Transportwegen, Zerlegbarkeit, Reparierbarkeit ist in der Entwicklung eine tragende Säule. Die Erfüllung einer Kreislaufwirtschaft ist eine der Grundbedingungen im Designprozess, macht aber allein noch kein gutes Produkt.
Harald, Gernot und ich haben uns in der Reihe zur Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien kennengelernt und sofort verstanden. Zum Glück sind wir alle drei auch in die Studienrichtung Design aufgenommen worden und haben begonnen, eng zusammen zu arbeiten und gemeinsam viel Zeit im Studium zu verbringen. Als wir das Diplom bestritten hatten, war für uns klar, dass wir uns gemeinsam selbstständig machen und haben 1995 EOOS gegründet. Ein mutiger Schritt. Unser damaliger Professor kannte die Familie Benz von früher und verschaffte uns einen Termin, damit wir uns vor Ort vorstellen durften. Da trafen wir Markus Benz, damals selbst noch ein junger Unternehmer, der das Potential von EOOS erkannt hat. Das hat unser und auch das Leben von Markus Benz nachhaltig verändert. Eine wunderbare Designgeschichte.
Für uns haben sich im Laufe der Zeit Themenkomplexe entwickelt, die weit über das einzelne Produkt hinausreichen. Das bildet eine poetische Basis, die dann zu einzelnen konkreten Produkten führt. Was uns zum Beispiel von Anbeginn extrem fasziniert hat, ist die Transformation. Wie verändert sich ein Objekt im Verhältnis zu menschlichen Ritualen. Oder auch ganz praktisch betrachtet, wie ist das Verhältnis Objekt-Mechanik-Geometrie? In diesem Zusammenhang sind für uns bedeutende Objekte entstanden, wie z.B. Living Platform, Living Landscape, Muud, Atelier Chair und auch die ganze Lead Chair Drehstuhl Familie. In einem weiteren großen Themenbereich haben wir den Entwurfsprozess umgedreht und kommen nicht vom Objekt zur Oberfläche bzw. Zuschnitt, sondern vom Zuschnitt zum Objekt. Cuoio, Isanka sind nach diesem Prinzip entworfen und bei Sheru entkommen wir der Beliebigkeit eines Schalenentwurfs, indem wir eine geometrische Gesetzmäßigkeit der Schale zugrunde legen. Ähnliches beschäftigt uns auch bei Entwürfen, die eine emotionale Qualität aus dem rationalen Denken entwickelt. Die Schönheit der Geometrie und Mathematik führt zu verblüffend emotionalen Ergebnissen in Objekten wie Oota, Oki oder auch Joco. Bei Objekten wie Tama und Tama Desk ist das Gegenteil der Fall. Die Formulierung eines unmittelbaren Ausdrucks mit möglichst wenig Verfälschung des Prozesses, wie zum Beispiel das unmittelbare Schneiden einer Kurve mit einer Schere, führt direkt zum Endergebnis. Was wir bei unserem letzten Einzelsessel Shinzo so schätzen, ist die Kombination und Konzentration verschiedenster Entwurfsmethoden, die wir in den vergangenen 25 Jahren entwickelt haben. Und dass trotz dieser Komplexität ein singulärer, einfacher und signifikanter Ausdruck entstanden ist.
Vielen Dank!
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