Eine neue Interview-Reihe mit interessanten Architekt:innen über Dos und Don'ts bei der Hotelarchitektur: Was macht ein gutes Hotel aus? Was sind die schlimmsten No-Gos? Und welches ist ihr Lieblingshotel? Den Anfang macht Andrea Harbeck, Inhaberin .PEAM in Starnberg
Thema Atmosphäre: Welches sind für dich die wichtigsten Aspekte, damit du dich, gleich beim Betreten in einem Hotel wohl fühlst?
Das kommt natürlich auf die Art des Hotels an. Ist es ein Urlaubshotel, ein Businesshotel oder ein Wellnesshotel? Designrichtungen gibt es ja viele. Aber am Ende stellt sich immer dieselbe Frage: Was braucht der Mensch als Gast oder andersherum der Gast als Mensch? Anregung oder Entspannung? Es gibt viele toll gestaltete Hotels mit Liebe zum Detail, schönen Materialien und hochwertigen Möbeln, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Aber für mich steht immer der Mensch im Mittelpunkt. Ein gutes Hotel ist für mich vor allem ein Ort der Entspannung. Die Räume sollten nicht im Mittelpunkt stehen, sondern einfach Ruhe ausstrahlen. Ein Design, das mich nicht ständig anspringt, sondern mir Raum lässt, zur Ruhe zu kommen. Das ist für mich Erholung.
Was muss ein gutes Hotelzimmer auf jeden Fall können/bieten?
Ein gutes Hotel ist für mich ein Zuhause in der Fremde. Draußen erlebt man die Welt, aufregende Städte, neue Landschaften, das Eintauchen in eine andere Kultur oder einen langen Tag voller Meetings. Aber wenn man zurück ins Hotel kommt, möchte man Geborgenheit spüren. Ein Ort, der sich anfühlt wie eine Umarmung. Nicht perfekt inszeniert, sondern einfach ehrlich und warm.
Thema Technik: Wovon bist du am meisten genervt, wenn es nicht gut funktioniert?
Klimaanlagen, die man nicht runter- und Heizungen, die man nicht hochschalten kann.
Thema Spa: Worauf würdest du bei der Planung eines Hotel-Spas besonderen Wert legen?
Im Spa geht’s ums Spüren. In jeder Hinsicht! Ein Spa ist für mich die Essenz eines Hotels, der Ort, an dem der Gast wirklich loslassen kann. Es ist ein Ort, wo man alles ablegt: die Kleider, den Alltag und irgendwie auch ein bisschen sich selbst. Man wird verletzlicher, alle tragen den gleichen Bademantel, niemand hat seinen Anzug oder seine „Rolle“ an. Gerade deshalb muss ein Spa ein Raum sein, der Sicherheit, Geborgenheit und Wärme ausstrahlt. Es ist der Ort, an dem das Hotel seine ganze Seele zeigt. Ruhe fängt bei den Sinnen an. Natürliche Farben, angenehme Oberflächen, gedämpftes Licht, all das entspannt, ohne dass man es großartig merkt. Es geht darum, dass der Raum keine Anforderungen stellt. Materialien sollten sich gut anfühlen, weil man im Spa mit jedem Nerv, mit jeder Faser des Körpers da ist. Man spürt alles intensiver. Und wenn die Haut sensibilisiert ist, merkt man auch, ob der Bezugsstoff der Liege angenehm ist oder nicht.
Auch Geräusche sind so ein Thema. Es gibt nichts Entspannenderes als Stille. Und nichts Stressigeres als eine klappernde Tür im Ruheraum. Wenn es also eine Altholztür sein soll, bitte so, dass sie nicht ständig den Spa-Spirit stört. Genauso bei den Ruheräumen: Die dürfen nicht irgendwo liegen, wo ständig Leute durchlaufen oder das Schwimmbadplätschern mehr nervt als beruhigt. Am Ende geht es darum, dass ein Spa nicht nur gut aussieht, sondern sich richtig gut anfühlt. Man weiß ja, dass das Gehirn auf solche Dinge reagiert. Alphawellen, Entspannung, das läuft alles im Hintergrund ab. Und auch wenn man nicht daran denkt, merkt man den Unterschied, wenn alles passt. Und das Wohlfühlen darf selbstverständlich nicht erst im Spa beginnen. Es sollte vom ersten Moment an spürbar sein.
Für mich eine wichtige Frage: Welche Rolle spielen die Menschen in einem Hotel?
Wohlfühlen hat viel mit den Menschen zu tun, mit denen man für eine Zeit ein „Zuhause“ teilt. Man sitzt gemeinsam beim Frühstück, begegnet sich im Bademantel oder teilt ungewollt das Schnarchen des Nachbarn im Ruheraum (was mich als Designerin übrigens schon oft über getrennte Ruhe- und Lesebereiche nachdenken ließ! 😉). Damit man sich in dieser kleinen Gemeinschaft wohlfühlt, müssen die Menschen um einen herum passen. Die Atmosphäre lebt davon, dass Gäste sich gegenseitig als angenehm empfinden. Das macht so viel aus.
Diese Harmonie entsteht für mich vor allem, wenn ein Hotel eine klare Haltung hat, ein durchdachtes Konzept und eine Gestaltung, die stimmig ist. Jedes Hotel zieht durch sein Profil bestimmte Menschen an, und das ist auch gut so. Man kann nicht allen gefallen, aber wenn man seine Wunschgäste erreicht, entsteht etwas Besonderes. Diese Gäste finden eine gemeinsame Basis, oft auch ganz von allein. Es entstehen Begegnungen, spannende Gespräche und manchmal sogar Freundschaften. Bestenfalls wächst so eine kleine Community von Gleichgesinnten. Menschen, die sich hier zuhause fühlen und immer wieder zurückkommen.
Zurück zur Gestaltung: Wenn man seine Gäste wirklich gut kennt, kann man Räume nicht nur mit Möbeln, sondern mit Leben und Bedeutung füllen. Eine kleine Bibliothek mit besonderen Coffeetable-Books, wenn man weiß, dass die Gäste sich für Design und Kunst interessieren, wäre ein Beispiel. Möglichkeiten zu schaffen, sich mit Dingen zu beschäftigen, für die man im Alltag oft keine Zeit hat und die einladen, mit anderen ins Gespräch zu kommen. Das macht einen Ort lebendig und besonders.
Die Herausforderung ist dann, diesen Raum so zu gestalten, dass er beides bietet: Inspiration und Entspannung. Ein bisschen Wohnzimmergefühl, aber mit einem Twist. Etwas, das vertraut wirkt und gleichzeitig überrascht. Wenn ein Gast am Ende seines Urlaubs nach Hause fährt und denkt: „Das war so inspirierend, so etwas möchte ich auch daheim“, dann hat man das Ziel erreicht.
Es geht für mich um viel mehr als „nur“ Möbelkonzepte. Wenn man den Wunschgast und seine Bedürfnisse versteht, können besondere Räume entstehen, die nicht nur schön sind, sondern genau zu seinen Bedürfnissen passen.
Für mich muss ein Hotel immer einzigartig sein. Es sollte eine klare Persönlichkeit und einen Stil haben, der sich durchzieht. Das kann durch den Einsatz von Vintagemöbeln entstehen, durch besondere Details, die eine Verbindung zur Location haben oder sogar durch ein Konzept, das gar nicht unbedingt mit der Gestaltung zu tun hat. Sondern etwa mit Musik oder Kunst. Gute Hotels sind mehr als eine Ansammlung schöner Zimmer. Sie sind zeitlos. Nicht, weil sie Trends folgen, sondern weil sie etwas Eigenes haben.
Was ist für dich ein No-Go im Hotel?
Schlechtes Licht, unüberlegte Oberflächen und ein gedankenloser Umgang mit Nachhaltigkeit. Licht ist so etwas Essenzielles, das man oft erst bemerkt, wenn es nicht passt. Zu grell, zu kalt, zu anstrengend oder zu düster. Das nimmt einem schnell die schönste Atmosphäre. Auch schöne und natürliche Oberflächen machen für mich einen großen Unterschied. Man merkt sofort, wenn sich etwas billig anfühlt oder schnell abgenutzt aussieht. Schön ist es, wenn Materialien mit der Zeit Charakter entwickeln, sich angenehm anfühlen und Wärme ausstrahlen. Das gibt einem Raum Persönlichkeit. Und Nachhaltigkeit ist für mich heute ein Muss. Es geht nicht um Perfektion, aber man merkt schnell, ob ein Hotel es ernst meint oder einfach alles billig und schnell lösen will. Und ich mag es nicht, wenn mit beliebigen Objekten – einem Dekogewusel – versucht wird, Atmosphäre zu schaffen. Wenn Räume mit überflüssigen Dingen zugestellt werden, die weder eine Funktion haben noch eine Geschichte erzählen, wirkt das auf mich leblos und austauschbar.
Was hat dich schon so richtig begeistert?
Die Hotelzimmer in Japan waren für mich etwas ganz Besonderes. Sie waren zentriert, klar strukturiert und unglaublich stimmig. Nichts war überflüssig, nichts wirkte aufdringlich. Es hat sich angefühlt, als hätte jeder Zentimeter eine Bedeutung, als wäre alles genau durchdacht, um dem Gast das Gefühl von Ruhe und Ankommen zu geben. Besonders begeistert haben mich die kleinen Details, die den Gast wirklich unterstützen. Zum Beispiel clevere Features, die man im ersten Moment vielleicht gar nicht bemerkt: perfekt platzierte Ablagen, versteckte Technik, die funktioniert, ohne sichtbar zu sein, oder kleine, intuitive Handgriffe, die einem das Leben leichter machen. Es fühlte sich an, als hätte jemand wirklich überlegt: „Was braucht der Mensch in diesem Moment, um sich wohl zu fühlen?“
Diese Räume waren nicht nur optisch ein Erlebnis, sie hatten eine Seele. Sie waren darauf ausgelegt, den Gast zu zentrieren und ihn in den Mittelpunkt zu stellen – nicht durch übertriebenen Luxus, sondern durch ehrliche Funktionalität, natürliche Materialien und eine Klarheit, die beruhigt. Für mich war das eine Erfahrung, die gezeigt hat, wie sehr ein guter Raum das Wohlbefinden beeinflusst – still, unaufdringlich und unglaublich wirksam.
Hast du ein Lieblingshotel? Oder mehrere? Was schätzt du an ihnen besonders?
Das Hotel August in Antwerpen hat mich sehr beeindruckt. Vincent van Duysen hat es geschafft, den Spirit des ehemaligen Klosters zu bewahren und gleichzeitig in eine moderne, klare und einfache Designsprache zu übersetzen. Alles ist so konsequent durchdacht – von den Räumen bis hin zu den kleinsten Details. Trotzdem wirkt es nicht gewollt, sondern ruhig und selbstverständlich. Man spürt diese klösterliche Atmosphäre noch immer, nur eben in einem völlig neuen Gewand. Das hat für mich eine ganz besondere Qualität. Der Zirmerhof in Südtirol steht dagegen für eine ganz andere Art von Authentizität. Hier ist es die lange Familientradition, die den Ort prägt. Man merkt, wie viel Herzblut in jede Entscheidung fließt, um Altes und Neues harmonisch zusammenzubringen. Es wird nichts erzwungen, sondern mit viel Fingerspitzengefühl weiterentwickelt. Dazu dieses unfassbar gute Essen, die tollen Weine und diese magische Terrasse mit Blick aufs Hochplateau. Es fühlt sich einfach wie ein Ort an, an dem die Zeit stehen bleibt.
Für mich geht es um Echtheit. Authentizität kann aus der Architektur kommen, aus dem Ort selbst oder aus den Gastgebern, die mit viel Aufmerksamkeit und Herzblut etwas Besonderes schaffen. Das macht für mich die Qualität eines Hotels aus.
In der Bildergalerie können Sie sich einen Eindruck von realisierten Projekten von Andrea Harbeck, .PEAM, verschaffen.
Hier zum Profil von .PEAM mit einigen herausragenden Projekten.
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